Das Abschiebungsreporting NRW und die Wiener Menschenrechtsorganisation „Freiheit für Eurasien“ weisen anlässlich des Besuchs der fünf zentralasiatischen Staatspräsidenten, darunter der tadschikische Präsident Rahmon, in Berlin an diesem Freitag bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz auf die fortdauernde politisch motivierte Inhaftierung des im Januar 2023 aus Dortmund nach Tadschikistan abgeschobenen Abdullohi Shamsiddin hin und fordern dessen Freilassung. Nachdem der Mann nach der Abschiebung zunächst verschwunden war, wurde er im März 2023 von einem Gericht in Duschanbe zu sieben Jahren Strafhaft verurteilt, weil er einen oppositionellen Social-Media-Post geliked habe. Dies wurde in Tadschikistan als „Aufruf zum Extremismus“ bewertet. Die engsten Angehörigen des Mannes, Eltern, Ehefrau und zwei kleine Kinder leben mit Flüchtlingsschutz in der Europäischen Union. Der Vater von Abdullohi Shamsiddin, ein führendes Mitglied der in Tadschikistan verbotenen Partei IRPT wurde in Abwesenheit zu 15 Jahren Strafe verurteilt.
„Steinmeier und Scholz empfangen den tadschikischen Staatspräsidenten Rahmon in Berlin mit allen Ehren, während dieser bei sich im Land politische Gegner:innen einknastet und foltern lässt“, so Leila Nazgül Seiitbek von Freedom for Eurasia. „Menschenrechte müssen bei diesen Treffen klar angesprochen werden. Adullohi Shamsiddin muss umgehend freigelassen werden und zu seiner Familie in Europa zurückkehren dürfen.“
Sorgen bereitet die Gesundheit von Abdullohi Shamsiddin. Wie sein Dortmunder Freundeskreis berichtet, wurde er jüngst in ein Krankenhaus verlegt. Er leidet zudem an Asthma. Die Inhaftierung in Tadschikistan dauert nun schon über mehr als acht Monate an. Über die genauen Haftbedingungen ist nichts bekannt. Zentralasienexpert:innen forderten die deutschen Behörden auf, Abdullohi Shamsidin wegen der hohen Gefahr von Verhaftung und Folter nach der Abschiebung nicht abzuschieben.
Sebastian Rose, Abschiebungsreporting NRW, Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.: „Die Abschiebung von Abdullohi Shamsiddin ist zu einem Tiefpunkt in der Abschiebepolitik Nordrhein-Westfalens geworden. Der politisch inszenierte hohe Abschiebedruck trägt zu solch katastrophalen Fehlern bei. Es muss verhindert werden, dass sich solche Abschiebungen wiederholen.“
Auch anderen Aktivist:innen aus Tadschikistan könnte nämlich die Abschiebung drohen, auch in Nordrhein-Westfalen. Erst vergangene Woche hat amnesty international in einer ausführlichen Stellungnahme Menschenrechtsverletzungen in Tadschikistan angeprangert, die gegen Angehörige der Minderheit der Pamiri in der Autonomen Region Gorno-Badachschan (GBAO) verübt werden. Gegen pamirische Aktivist:innen und Journalist:innen werde mit willkürlichen Festnahmen und Folter vorgegangen. Angesichts des Ausmaßes der Menschenrechtsverletzungen sprach sich amnesty international dafür aus, dass deutsche Behörden Pamiri nicht nach Tadschikistan abschieben dürften.
Die Menschenrechtsorganisation „Freiheit für Eurasien“ hat jüngst zudem gemeinsam mit anderen internationalen Menschenrechtsorganisationen die Freilassung von Nizomiddin Nasriddinov gefordert, einem politischen Aktivisten, der 2017 Flüchtlingsschutz in Deutschland erhielt. Dieser war vor einigen Monaten bei einer Reise nach Belarus von den dortigen Behörden festgenommen worden und schließlich nach Tadschikistan ausgeliefert worden, wo er mit einer politisch motivierten Anklage konfrontiert ist und sich ebenfalls in Haft befindet.