Erlass von Baden-Württemberg zur Bezahlkarte

Das baden-württembergische Migrationsministerium hat einen Erlass zur Umsetzung der Bezahlkarte veröffentlicht.

Die Vorgaben in dem Erlass lassen machen einmal mehr deutlich, dass von der Bezahlkarte niemand einen Vorteil haben wird. Im Gegenteil: Für die Betroffenen wird es existenzielle Probleme geben, weil sie ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen und ihren Bedarf nicht decken können. Und für die Sozialbehörden wird es einen immensen zusätzlichen Verwaltungsaufwand geben. Warum sich die Kommunen nicht lautstark gegen einen solchen Unfug aussprechen, bleibt schleierhaft. Hier die wichtigsten Punkte aus dem Erlass:
 – Das Land kann die Bezahlkarte nicht vorschreiben, auch wenn nach dem Willen des Landes „die Bezahlkarte an alle Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG ausgegeben werden“ soll. §3 Abs.2 und Abs.3 bzw. §2 Abs.2 S.2 AsylbLG sehen die Bezahlkarte als eine gleichberechtigte Möglichkeit der Leistungserbringung vor. Daher muss in jedem Einzelfall eine Ermessensentscheidung über das „ob“ der Bezahlkarte getroffen werden – mit Aufhebung des früheren Verwaltungsaktes über Geldleistungen, Anhörung, Abwägung aller Umstände des Einzelfalles und Begründung. Gegen jede Entscheidung zur Ausgabe der Bezahlkarte sind Rechtsmittel möglich.
– Dasselbe gilt für die Höhe des Bargeldbetrags. Die Begrenzung auf 50 Euro ist rein politisch festgelegt worden und nirgends vorgeschrieben. Daher muss das Sozialamt in jedem Einzelfall eine Ermessensentscheidung treffen, wie hoch der Bargeldanteil ist. Der Erlass sieht zwar vor, dass nur im Ausnahmefall ein höherer Betrag abhebbar sein soll (z.B. bei mobilitätseingeschränkten Personen oder vulnerablen Gruppen). Aber auch dies ist nicht verbindlich, sondern in allen Fällen muss das Sozialamt individuelle Gründe berücksichtigen und eine gerichtlich überprüfbare Entscheidung fällen.
– Leistungen nach §6 AsylbLG dürfen nicht über die Bezahlkarte geleistet werden. Diese müssen vielmehr als Sachleistung oder Geldleistung erbracht werden. Bei Bezahlkarten muss daher der Abhebebetrag entsprechend erhöht werden.
– Dasselbe gilt für das Schulbedarfspaket nach dem BuT (100 bzw. 50 Euro pro Schulhalbjahr): Dieser Betrag muss individuell zusätzlich abhebbar gemacht werden.
– Dies gilt auch für Aufwandsentschädigungen aus gemeinnütziger Arbeit.
– Überweisungen sollen nur nach Freigabe möglich sein. Das Land und die Kommunen müssen daher Positivlisten erstellen, um Überweisungen z.B. für Miete, Mitgliedsbeiträge, ÖPNV usw. zu ermöglichen. Jedes Sozialamt muss sich mit sehr vielen individuellen Anträgen auf Freigaben beschäftigen. Dies ist ein immenser zusätzlicher Aufwand und außerdem datenschutzrechtlich hochproblematisch. Die Überweisungen durch die Leistungsberechtigten werden technisch zudem erst ab Mai 2025 möglich sein. Wie sollen bis dahin Überweisungen gewährleistet werden?
– Online-Zahlungen sollen bis auf Ausnahmen möglich sein.
– Die Geltung der Bezahlkarte ist bundesweit und regional nicht eingeschränkt.
– Gebühren für Bargeldabhebungen sollen die Leistungsberechtigten tragen.
– Das Sozialamt hat aus datenschutzrechtlichen Gründen keinen automatischen Einblick in den Guthabenstand der Bezahlkarte, sondern muss diesen im Einzelfall im Rahmen der Mitwirkungspflichten einfordern (wie bisher bei Girokonto).
– Es ist ein hoher Aufwand zu betreiben, wenn ein Haushaltsmitglied für die anderen z.B. die Einkäufe bezahlt oder die Miete überweist. Dies muss das Sozialamt in der Programmierung der Bezahlkarte berücksichtigen. Dafür muss das Sozialamt z.B. Vollmachten aller volljährigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft einholen.
 
Unterm Strich zeigt sich, dass weder Kosten noch Mühen gescheut werden, das autoritäre Projekt „ Bezahlkarte“ ohne Sinn und Verstand durchzudrücken. Der einzige Mehrwert, der sich daraus ergibt sind: mehr Diskriminierung, mehr Bevormundung, mehr Kosten, mehr Verwaltungsaufwand.

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