Das Bundessozialgericht hat gestern in zwei Verfahren zu Leistungskürzungen nach §1a AsylbLG entschieden. In beiden Fällen ging es um die Kürzung nach §1a Abs.7 AsylbLG (Gestattete bzw. vollziehbar Ausreisepflichtige ohne Duldung nach Dublin-Unzulässigkeitsbescheid und Abschiebungsanordnung).
Im ersten Verfahren hat das BSG entschieden, dass die Leistungskürzung nach Ablauf der Überstellungsfrist und damit dem Übergang ins nationale Asylverfahren unzulässig ist.
Im zweiten Verfahren ging es um die Kürzung nach Unzulässigkeitsentscheidung des BAMF, aber vor Ablauf der Überstellungsfrist. Da die Person auch während dieser Zeit eine Asylantragsteller*in ist (das Asylverfahren im ersten EU-Staat ist ja noch nicht entschieden), gelten die Vorgaben der EU-Aufnahmerichtlinie (RL 2013/33/EU). Das BSG hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH unter anderem die Frage vorgelegt, ob die deutsche Leistungskürzung (Streichung sämtlicher Bedarfe des sozialen Existenzminimums) mit Art.17 Absatz 2 und Absatz 5 der EU-Aufnahmerichtlinie zu vereinbaren ist. Diese schreiben Leistungen vor, die einen „angemessenen Lebensstandard“ ermöglichen und normalerweise denjenigen der eigenen Staatsangehörigen entsprechen müssen. Allerdings sieht die Richtlinie auch Einschränkungsmöglichkeiten vor, zu denen der EuGH nun ebenfalls Stellung nehmen soll. Unter anderem geht es dabei um die Frage, ob Personen im Dublin-Verfahren als „Folgeantragsteller*innen“ gelten, obwohl der erste Asylantrag im anderen EU-Staat noch gar nicht entschieden ist. Auch die Frage, ob die zwingende und gleichsam automatische Leistungskürzung in §1a Abs.7 AsylbLG mit dem von der Aufnahmerichtlinie vorgeschriebenen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der Pflicht zur abgewogenen Einzelfallentscheidung und der Berücksichtigung besonderer Bedürfnisse schutzbedürftiger Personen zu vereinbaren ist, soll der EuGH entscheiden.
Das BSG hat nichts zu der Frage gesagt, ob die Leistungskürzung mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum nach Art.1 und 20 GG zu vereinbaren ist.